Ich schicke voraus:
Ich habe diese Wirtschaft bereits besucht,als sie noch Wirtschaft genannt werden konnte und keine coole Eventlocation war.
Die 1910 geborene Inhaberin würde sich wohl im Grab umdrehen, wüsste sie, dass ihre Wirtschaft jetzt Oma Rink`s Sterntaler heißt, crossover Fusionsküche im Angebot hat.
Sicherlich hätte Frau Lulu Schwarz, die als erste Frankfurterin im Jahre 1933 die Fahrerlaubnis erworben hatte, etwas dagegen gehabt Omma genannt zu werden, obwohl sie traditionell in der Nylon-Kittelschürze bediente.
Herr Herl urteilt in seinem empfehlenswerten Büchlein “Heimatkunde Frankfurt” ( ISBN Nr.:978-3-45538023-1, verlag Hoffmann und Campe) auf Seite 105 drastisch:
“Doch dann schlugen die Immobilienverbrecher und Gastro-mafiosi zu und teilten das Filetstückchen in allerbester Lage unter sich auf. Heute wird das Lokal von einer Bande Event-Hansels geführt, die sich sogar des namens von Lulu Schwarz bedienen und unter der albernen Bezeichnung “Oma Rink`s Sterntaler” ein Schickimickilokal führen. Unter dem scheinheiligen Motto”gewohntes mal anders” wurde die Wirtschaft von einem vollkommen gefühllosen Innenarchitekten zu Tode renoviert, und man ist sich nicht zu schade, Caipirinha und andere Modegetränke in den Bembeln der alten Dame auszuschenken. Geführt wird es im übrigen von solchen leuten, die früher nicht mal im Sommer von Lulu Schwarz eingelassen worden wären, geschweige denn im Winter”.
Wenn ihr wollt und es euch einen gewissen qypemehrwert verspricht und die Regie auch damit einverstanden ist, erzähl` ich euch noch weiter von früher.
Wenn ihr einen frankfurtypischen Geschenktipp braucht, empfehle ich Michael Herls Heimatkunde , wenn ihr Michi Herl treffen wollt, empfehle ich das Stalburgtheater samt sommerliches Offenlufttheaterprogramm im Güthersburgpark und auch den Besuch der Stalburg, da kann sogar noch die Kegelbahn aus den 50er-Jahren benutzt werden.
Ich füge meine Antwort auf qype´sche Kommentarkritik noch an:
Herr Frankenfurter, ich gestatte Ihre Bemerkung, möchte aber richtigstellen, dass es mir in meinem Beitrag nicht, auch nicht augenscheinlich, um das Werk von Herrn Herl geht,den ich nicht persönlich, aber aus der Stalburg ,dem Stlburgtheater und radelnd aus Nordendstadtteilbild kenne. Aber er hat als echter Zeitzeuge die Gaststätte Rink treffend beschrieben und ich wollte korrekt aus seinem Büchlein zitieren, weshalb ich auch die ISBN-Nr. erwähnt habe, wissend, dass Autoren darauf gelegentlich Wert legen.
Mir ging es in erster Linie um den Umgang mit dem kulturellen Erbe einer Frankfurter „Äppelwoi“wirtschaft. Ich kann mich rühmen, der „Türpolitik“ von Frau Schwarz weder sommers noch winters zum Opfer gefallen zu. Ich war damals wohl in Begleitung eines tauglichen „Bürgen“( der wird,bezogen auf den Bundesligastammtisch von Herrn Herl auch nett beschrieben). Ich erinnere mich auch daran, dass Frau Schwarz in den neunziger Jahren, als sie die Wirtschaft nicht mehr führen konnte, großen Wert darauf gelegt hat, dass von den Pächtern nichts, jedenfalls nicht allzuviel verändert wird.
Deshalb erlaube ich mir das Urteil, dass sie niemals zugelassn hätte, dass in ihren Bembeln „Caipi“ ausgeschenkt wird, ihr Foto auf dem gerahmten letzten Rest ihrer Tapete hinterm „Bartender“ hängt, ihr Mädchenname im Lokalnamen ge(miss)braucht wird und sie sogar im Namen der angebotenen Gerichte auf Weltreise geschickt wird.
Das hätte sie nicht gewollt, wenn sie eine Weltreise hätte machen wollen, wäre es ihr auch schon in den 80er Jahren ohne weiteres möglich gewesen, das klapperige Anwesen zu verkaufen und die Reise persönlich anzutreten.
Herr West,es geht auch eigentlich nicht um das Bewahren gegen das Erneuern.
Ich finde, es geht um den Umgang mit der lokalen Geschichte und den Toten, die man, weil sie sich nicht mehr wehren können, ruhen lassen soll. Das nennt man wohl Pietät.
Sollten sie ihr stylishes Lokal doch „Appelwoilounge“ nennen, das Foto abhängen und neue 8er oder 10 Bembel kaufen, in denen der Caipi mit Mengenrabatt gemixt wird.
Und Herr Herl ist mit seiner Fundamentalkritik auch nicht alleine, da möchte ich auf den Artikel in der FR vom 20.4.2007, der auf der homepage der Betreiber im Pressespiegel veröffentlich ist, verweisen.
Da wird die „einfühlsame Komplettsanierung“ ( http://www.omarinks-sterntaler.de/presse.html ) auch in große Anführungsstriche gesetzt.
Juli 10, 2011 at 7:36 pm
[…] Stoltze, die 1833 am Wachensturm teilnahm, eingekerkert wurde und jung starb. Für Oma Rink aka Lulu Schwarz, die erste Frankfurterin, die einen Führerschein erwarb. Für die Rennfahrerin Ines Keil-Folville. […]
April 27, 2009 at 8:50 am
Ja, diese „Gastro-Mafiosi“ und „Bande von Event-Hansels“ gibts bei uns auch (und bei uns mit drei- bis vierfach gestaffeltem MigraHigru)… – eine Landplage! Wissen nicht, wie man „Croissant“ buchstabiert, bieten aber Krokodilsfleisch zum Frühstücksbrunch an.